2015: 01 Zur Zukunft der Freien Berufe

Die Landesversammlung Bayern des Freien Verbandes Deutscher Zahnärzte begrüßt den gemeinsamen Antrag im Landtag von Nordrhein-Westfalen:

der Fraktion der SPD
der Fraktion der CDU
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und
der Fraktion der FDP (Drucksache 16/8101 vom 10.03.2015)

Europäisches Semester kritisch begleiten - Freie Berufe in Nordrhein-Westfalen unterstützen

und fordert die Fraktionen im Bayerischen Landtag auf, einen gleichgerichteten Antrag im Bayern zu verabschieden.

Die Landesversammlung fordert die Bundesregierung und die Europäische Kommission auf, das Fremdkapitalverbot für die Freien Berufe nicht in Frage zu stellen. Das Verbot der Fremdkapitalbeteiligung wurde 2012 vom Bundesfinanzhof als europarechtskonform anerkannt. Die Landesversammlung unterstützt diese Entscheidung. Der Einfluss berufsfremder Interessen muss vermieden werden, damit die Unabhängigkeit der Tätigkeiten gewährleistet wird.

Die Landesversammlung fordert die Bundesregierung und die Europäische Kommission auf, das bestehende System der Kosten- und Honorarordnungen der Freien Berufe nicht in Frage zu stellen. Kosten- und Honorarordnungen sichern eine qualitativ hochwertige Leistungserbringung zu bezahlbaren Preisen.

Begründung:

Die Freien Berufe tragen zur Entwicklung und Sicherung unseres Gemeinwesens bei und versorgen die Bevölkerung mit notwendigen Dienstleistungen hoher Qualität. Sie sind zudem ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Insgesamt sind rund 4,5 Millionen Menschen in Deutschland im Bereich der Freien Berufe tätig.

Anfang Juni 2014 hat die Europäische Kommission im Rahmen des vierten Europäischen Semesters - dessen Ziel es ist, die Wirtschaftspolitiken der EU-Mitgliedsstaaten besser zu koordinieren die diesjährigen länderspezifischen Empfehlungen für alle EU-Mitglieds-staaten vorgelegt, die zuvor vom Europäischen Rat beschlossen wurden. Bewertet wurden die von den Mitgliedsstaaten eingereichten Pläne zur Haushaltskonsolidierung sowie die vorgelegten nationalen Reformprogramme.

In den Empfehlungen für Deutschland wird auch explizit auf die Freien Berufe Bezug genommen. Die Europäische Kommission ist demnach der Auffassung, dass die politischen Maßnahmen zur stärkeren Belebung des Wettbewerbs im Dienstleistungssektor in den zurückliegenden Monaten begrenzt waren. Das Produktivitätswachstum sei in manchen Dienstleistungsbranchen besonders gering, insbesondere bei den freiberuflichen Dienstleistungen. Nach wie vor bestünden „Markteintrittshindernisse und Hürden, die der Erbringung freiberuflicher Dienstleistungen im Wege" stünden. Dazu gehörten Anforderungen an die Rechtsform, spezifische Vorschriften in Bezug auf die Gesellschafter sowie Vorgaben an die berufliche Qualifikation. In dem ergänzenden Begleitdokument wird in diesem Zusammenhang direkt auf den aktuellen OECD-Bericht 2014 verwiesen, wonach „freiberufliche Dienstleistungen in Deutschland, insbesondere von Architekten, Ingenieuren und Anwälten, im Vergleich zu anderen OECD-Ländern stark reguliert" seien. Der Preiswettbewerb sei zudem in einigen Freien Berufen auf Grund der Existenz teilweise verbindlicher Gebührenordnungen eingeschränkt.

Ferner sollen nach Auffassung der OECD die Pflichtmitgliedschaft und Selbstverwaltung der Kammern in den Berufsverbänden (und Handwerkskammern) im Hinblick auf die Zutrittsschranken hinterfragt und die Zulassungsvoraussetzungen gelockert werden.

Die Diskussion um das richtige Verhältnis zwischen Regulierung und Liberalisierung hat vor dem Hintergrund der Wirtschaftskrise eine neue Dimension bekommen. Verbraucherschutz und die anerkannt hohe Qualität der deutschen freiberuflichen Dienstleistungen dürfen im europäischen Binnenmarkt nicht auf der Strecke bleiben. Die Durchlässigkeit der Grenzen darf nicht zu einem Abbau von Qualitätsstandards und einem Verlust des Vertrauens der Verbraucherinnen und Verbraucher führen. Leistungs- und Qualitätswettbewerb sind zu fördern.

Einstimmig angenommen