2017: 02 Forderungskatalog für ein freiheitliches Gesundheitswesen

Die Landesversammlung fordert die politischen Parteien in Bayern auf, sich zu einem freiheitlichen Gesundheitswesen zu bekennen. Für die Zahnärztinnen und Zahnärzte in Bayern ist dieses Bekenntnis zum bestehenden Gesundheitswesen wichtig, um eine Entscheidung für die Stimmabgabe zur Bundestagswahl zu treffen.

Insbesondere fordert sie die Parteien auf, folgende Kernpunkte zu berücksichtigen:

  1. Verlässliches Bekenntnis zur Freiberuflichkeit
    Das Wohl der Patientinnen und Patienten steht im Fokus des zahnärztlichen Handelns. Eine Grundlage für das Patientenwohl ist die Freiberuflichkeit. Nur durch sie werden Freiheit und Verantwortung unzertrennlich miteinander verbunden. Zahnärztinnen und Zahnarzte können für ihr Handeln nur dann Verantwortung übernehmen, wenn Diagnose und Therapie ausschließlich nach wissenschaftlichen Erkenntnissen erfolgen und frei und unabhängig von der Einwirkung Dritter sind.

    Die Landesversammlung fordert daher:
    • verlässliches Bekenntnis der Politik zur Stärkung der freiheitlichen Berufsausübung und Rückbau von Kontrollbürokratie, staatlicher Interventionen und Reglementierung.

  2. Duale Versicherung patientenorientiert weiterentwickeln
    Das deutsche Krankenversicherungssystem mit seinen beiden Säulen Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) und Private Krankenversicherung (PKV) hat sich bewährt und ist ein zentrales Element des deutschen Gesundheitswesens. Es sichert eine herausragende Leistungsfähigkeit und eine zahnmedizinische Versorgung auf einem aktuellen Stand der Wissenschaft für alle Versicherten.

    Die Landesversammlung fordert daher:
    • Erhalt des dualen Krankenversicherungssystems aus GKV undPKV.

  3. Selbstverwaltung stärken statt Kompetenzen beschneiden
    Die Selbstverwaltung der Zahnärzteschaft hat sich seit Jahrzehnten bewährt, löst Herausforderungen und Probleme zügig und mit der notwendigen Sachkompetenz zum Wohle der Patienten, der Allgemeinheit und des Berufsstandes. Sie trägt damit wesentlich zu einem weltweit höchst erfolgreichen Versorgungssystem bei.

    Die Landesversammlung fordert daher:
    • Stärkung der Strukturen der Selbstverwaltung statt Kompetenzbeschneidung.

  4. Bürokratieabbau umsetzen
    Der Nationale Normenkontrollrat kommt in seinem Bericht „Mehr Zeit für Behandlung" zudem Ergebnis, dass Zahnarzt- und Arztpraxen mit jährlichen Bürokratiekosten von 4,33 Milliarden Euro belastet sind. Das bedeutet, dass Zahnarztpraxen durchschnittlich 96 Tage pro Jahr für die Erfüllung der vorgeschriebenen Informationspflichten aufwenden.

    Die Landesversammlung fordert daher,
    • Bürokratielast der Zahnarztpraxen senken,
    • keine weiteren bürokratischen Belastungen durch deutsche oder europäische Vorgaben und Gesetze.

  5. Wahlmöglichkeit bei der zahnmedizinischen Versorgung schafft Vertrauen
    Das Vertrauen des Patienten in den Zahnarzt und die zahnmedizinische Behandlung sind Voraussetzung für ein langfristiges Arzt-Patienten-Verhältnis. Bedingungen für ein vertrauensvolles Arzt-Patienten-Verhältnis sind Wahlmöglichkeit des Patienten bei der Inanspruchnahme der zahnmedizinischen Leistung, unabhängige und neutrale Informationen über Therapiemöglichkeiten sowie die freie Arztwahl.

    Die Landesversammlung fordert daher:
    • Recht der Patienten auf freie Zahnarztwahl ausnahmslos beibehalten,
    • Recht der Patienten auf Wahlmöglichkeiten über eine Grundversorgung hinaus erhalten und Erweiterung des Festzuschuss-Systems auf Bereiche jenseits des Zahnersatzes,
    • zahnmedizinisch fundierte patientenbezogene Beratung durch die Zahnärztekammer und Kassenzahnärztliche Vereinigung fördern.

  6. Zugang zur wohnortnahen zahnärztlichen Versorgung für alle Patienten gewährleisten
    Der Zugang zu zahnmedizinischen Leistungen und einer qualitativ hochwertigen zahnmedizinischen Versorgung ist derzeit noch landesweit gewährleistet.

    Die Landesversammlung fordert daher:
    • Rahmenbedingungen für eine wohnortnahe zahnärztliche Versorgung sicherzustellen und ggf. durch geeignete Anreize zur Niederlassung in unterversorgten Gebieten zu verbessern.

  7. Nachhaltige Verbesserung der Zahngesundheit durch Prävention
    Die fünfte Deutsche Mundgesundheitsstudie (DMS V) bestätigt die positiven Effekte der Prävention auf die Mundgesundheit in allen Altersgruppen. Während bei der Bekämpfung der Karies große Fortschritte erzielt wurden, besteht bei Erkrankungen des Zahnbettes Nachholbedarf.

    Die Landesversammlung fordert daher:
    • die zahnärztliche Expertise bei der geplanten „Präventionsstrategie" der Bundesregierung im Rahmen des Präventionsgesetzes sowie bei weiteren Präventionskonzepten einbeziehen,
    • passende Rahmenbedingungen für die zahnmedizinische Betreuung von Patienten mit parodontalen Erkrankungen auf organisatorisch und finanziell besserem und dem Stand der Wissenschaft entsprechendem Fundament,
    • besondere Förderung der zahnmedizinischen Prävention.

  8. Hohe Qualität in der zahnmedizinischen Versorgung sicherstellen
    Die hohen Standards in der Zahnmedizin tragen wesentlich zu einer qualitativ hochwertigen zahnmedizinischen Versorgungbei. Durch demographischen Wandel und wissenschaftlichen Fortschritt ändern sich die Anforderungen der zahnmedizinischen Versorgung fortlaufend.

    Die Landesversammlung fordert daher:
    • Ausbildung der Zahnärztinnen und Zahnärzte laufend und mit Berücksichtigung zahnärztlicher Expertise an den wissenschaftlichen Fortschritt anpassen.
    • einheitlichen Qualifikationsstandard des zahnärztlichen Berufs auf definiertem Europäischem Niveau erhalten. Bei fraglichen Qualifikationen aus Drittstaaten sind bestandene Gleichwertigkeitsprüfungund Fachsprachprüfung unerlässliche Voraussetzungen für die Berufsausübung.

  9. Praxisnahe Ausbildung und Aufstiegsfortbildung beibehalten
    Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Praxen leisten einen unverzichtbaren Beitrag bei der Betreuung und Behandlung von Patienten. Dies gilt insbesondere im Bereich der Prävention. Das duale System der beruflichen Ausbildung mit anschließender modularer Aufstiegsfortbildung gewährleistet eine optimale Qualifizierung der zahnärztlichen Assistenzberufe und hat internationalen Vorbildcharakter.

    Die Landesversammlung fordert daher:
    • duales System der beruflichen Ausbildung mit anschließender Aufstiegsfortbildung ausnahmslos beibehalten
    • keine praxisferne Akademisierung der klassischen Ausbildungsberufe, wie Bachelor- Dentalhygieniker/in

  10. Delegation statt Substitution
    Die Delegation ausgewählter Leistungen an medizinisch qualifiziertes Praxispersonal hat sich insbesondere im Bereich der Prävention bewährt. Aus Gründen der Patientensicherheit ist eine Substitution zahnärztlicher Kompetenz durch andere Berufsgruppen strikt abzulehnen.

    Die Landesversammlung fordert daher:
    • keine Erbringung von zahnärztlichen Leistungen durch nichtzahnärztliches Assistenzpersonal oder andere Berufsgruppen.

Einstimmig angenommen